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„ Wenn es auch rational nicht möglich ist, die physiologische Entwicklung des Alterns zu verhindern, kann ein medizinischer, ernährungstechnischer und hygienischer Follow up ermöglichen, die Folgen für das Wohlbefinden des Pferdes einzuschränken. “
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Der Alterungsprozess ist per se keine Krankheit. Es ist ein Lebensabschnitt, während welchem der Organismus mit möglichen und fortschreitenden Störungen seiner Körperfunktionen in Kontakt tritt, mit Veränderungen der Gelenk-, Sehnenund Zahnstruktur sowie neurologischen Herausforderungen mit reduzierten Möglichkeiten der Regeneration und möglicherweise auch mit hormonellem Ungleichgewicht.
Die Etappen des Alterungsprozesses sind je nach Pferderasse und manchmal auch unter den einzelnen Tieren sehr unterschiedlich. Das biologische Alter ist eine relative Zahl, mit der man die durchschnittliche Lebenserwartung jeder Tierart einschätzt. Bei Pferden kann man das „Karriereende“ häufig zwischen 15 bis 20 Jahren setzen, während dessen die sportliche Aktivität schrittweise reduziert wird, die Fertilität abnimmt, frühzeitige Fälle von hypophysärer Dysfunktion auftreten können und osteo-artikuläre Läsionen weniger gut toleriert werden.
Man spricht gewöhnlich vom «alten Pferd» im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, wenn sich die körperliche Aktivität der meisten Tiere reduziert hat. Dann können hormonelle Störungen auftreten, es kann sich der Anabolismus verringern und manchmal führt die Verdauungsfähigkeit eine Verringerung des Muskelmasse herbei und gewisse potenziell tödliche Krankheiten wie Darmverschluss durch abdominale Lipome können auftreten. Es ist auch der Altersabschnitt, in welchem die meisten Pferde sterben, auf natürliche Weise oder durch Einschläfern aufgrund unheilbarer Krankheiten. Ein kleiner Anteil Pferde erreicht das «hohe Alter» von mehr als 30 Jahren, in dem der Gewichtsverlust quasi unabwendbar ist und die funktionellen Reserven der Nieren und Leber schon häufig sehr reduziert sind. |
Mit fortschreitendem Alter nehmen die Fähigkeiten des Muskelaufbaus ab, ähnlich wie bestimmte Stoffwechsel- und Verdauungsfunktionen, die an der Verwertung der Nährstoffe und der Proteinsynthese beteiligt sind. Daraus erfolgt häufig ein Verlust von Muskelmasse, insbesondere sichtbar auf der Rückenlinie, der Kruppe und an den Oberschenkeln. Der Verdauungsgang kann auch verlangsamt sein und kolische Stasen begünstigen. Die Melaninbildung in den Haarfollikeln kann auch beeinträchtigt sein, und hat ein Weißwerden des Fells in bestimmten Körperbereichen zur Folgehauptsächlich im periokularen Bereich, an der Nasenspitze und manchmal den Gliedmaßen. Der progressive Abbau der Gelenke der Gliedmaßen und des Rückens begünstigt die Entwicklung von Schmerzen des Bewegungsapparats und eine Reduzierung der spontanen Mobilität. Das Verhalten, die Nahrungsaufnahme sowie soziale Beziehungen können davon betroffen sein.
Das Wachstum der Zähne, das gewöhnlich kontinuierlich und regelmäßig verläuft, verändert sich und der Verlust der Anhaftung im Bereich der Alveolen verursacht manchmal eine Lockerung und den Verlust der Backenzähne.
Darüber hinaus bewirkt eine progressive Degeneration, die mit oxidativen Phänomenen an den Neuronen der Gehirnbasis (Hypothalamus) zusammenhängt, bei einer bestimmten Anzahl von Individuen eine anormale Entwicklung eines Teils der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Die Bildung dieses Adenoms oder «gutartigen Tumors» ist für die erhöhte Ausscheidung von hormonellen Peptiden verantwortlich, deren Auswirkungen auf den Organismus vielseitig und unter der Bezeichnung «Cushing-Syndrom» zusammengefasst werden, ein etwas ungeeigneter Begriff, denn die Mechanismen der Krankheit beim Pferd unterscheiden sich von denen, die klassischerweise bei Kleintieren und dem Menschen beobachtet werden. Die physischen Erscheinungsformen, neben dem Muskelschwund und der Erschlaffung der Bauchdecke sind Verzögerungen beim Fellwechsel und das Auftreten von langem und gekraustem Haar (Hirsutismus), ein Ödem der Augengrube, eine Zunahme des Wasserkonsums, ein bestimmter Grad von Apathie, manchmal Gelenklaxität und insbesondere eine erhöhte Sensibilität für Infektionen (Zahnabszess, Hufabszess, Sinusitis usw.) und für Hufrehe.
Kann man Pferden helfen, «gut alt zu werden»?Wenn es auch rational nicht möglich ist, die physiologische Entwicklung des Alterns zu verhindern, kann ein medizinischer, ernährungstechnischer und hygienischer Follow up erlauben, die Folgen für das Wohlbefinden des Pferdes einzuschränken. Eine regelmäßige Kontrolle der Zahnformel ist nötig, um der Entwicklung von Zahnspitzen an den fehlenden Zahnkronen vorzubeugen. Dies ist auch Gelegenheit, frühzeitig Wurzelinfektionen, Zahnfleischrückgang und Sinusitis zu erkennen. Das regelmäßige Beschneiden der Hufe und in einigen Fällen die Pflege von passendem Hufbeschlag grenzen das Unbehagen des Bewegungsapparats und seine verhaltensmäßigen Folgen ein. Die Verabreichung von Entzündungshemmern kann während mehr oder weniger langer Perioden erforderlich sein, dabei muss aber die Nierenfunktion überprüft und das Nutzen- Risiko-Verhältnis der Behandlung abgewogen werden. Besonderes Augenmerk gilt den deutlichen Anzeichen des „Cushing-Syndroms“: Störungen beim Fellwechsel, repetitive — selbst gutartige — Infektionen, Sensibilität am Fuß unbestimmbarer Herkunft und Erschlaffung der Bauchdecke sind Gründe, einen Hormon Erkennungstest vorzunehmen und gegebenenfalls eine geeignete Behandlung einzuleiten. Die Kosten dieser Blutuntersuchung und Kontrollen sind meist geringer als diejenigen, die durch mögliche vielseitige Komplikationen der hormonellen Unausgeglichenheit entstehen könnten. |
Die Anpassung der Nahrungsration muss die Verminderung der Wirksamkeit des Kauens und die Absorptions- und Verdauungsfähigkeiten berücksichtigen. Es wird im Allgemeinen empfohlen, die Portionen aufzuteilen, den Anteil an groben Fasern einzuschränken und eher Heupellets oder Heucobs zu verabreichen. Der Energiegehalt der Ration soll ausreichend sein, um Defizite in Zusammenhang mit den reduzierten Stoffwechselfunktionen einzuschränken. Es ist möglich, in diesem Sinne den Anteil der Fette durch Hinzufügung von Pflanzenöl in den konzentrierten Nahrungsmitteln zu erhöhen. Unter Vorbehalt der guten Lagerung ist Öl auch eine gute Quelle für Antioxidantien. Es erleichtert auch die Assimilierung von fettlöslichen Vitaminen, insbesondere dem Vitamin E. Der Zugang zu Nahrungsmitteln und Wasser kann wegen Beweglichkeitsproblemen erschwert sein und es ist besonders auf mögliche Konkurrenz- und Dominanzphänomene in der Gruppe zu achten.
Das Hinzufügen von Produkten mit abführenden Eigenschaften wie Leinsamen ermöglicht die Eingrenzung von Impaktionskoliken. Schließlich sind Obst und Karotten für Pferde mit Kauproblemen oder fortgeschrittenen Zahnläsionen aufgrund der Gefahr von Ösophagus-Verschluss und möglichen tödlichen Folgen verboten. Das Wichtigste bleibt auf alle Fälle, auf das Wohlbefinden, Anzeichen von Unwohlsein und seine Ursachen zu achten und auf die Möglichkeiten, sie zu behandeln. Es ist ebenso unzumutbar, alle Gesundheitsprobleme eines „alten Pferdes“ als unheilbar zu betrachten oder das Leben des Tieres mit einer chronischen Krankheit um jeden Preis verlängern zu wollen. Das Gefühl der Personen, die täglich mit der Pflege von Pferden befasst sind, bleibt zumeist das beste Kriterium, vorausgesetzt es wird nicht aus einem emotionalen Kontext betrachtet.